Vom Zeltlagerparadies wieder in die Katastrophenregion

Unbeschwerte Zeltlagerferien haben zehn Kinder und Jugendliche aus der Flutkatastrophenregion Bad Münstereifel auf Einladung der Katholischen Kirchengemeinde St. Johann Baptist Obersulm-Löwenstein-Wüstenrot in Metzingen auf der Schwäbischen Alb verbracht. Jetzt kehren sie wieder zurück in die Heimat, ins Katastrophengebiet. Auf der Rückfahrt im Reisebus freuen sich die Kinder und Jugendlichen nicht nur auf das Wiedersehen mit ihren Angehörigen und Freunden, jetzt kommen auch die Bilder der Flutkatastrophe wieder hoch, als das Wasser kam und ihr Leben auf tragische Weise verändert hat. Der Realschüler Leon (14) berichtet begeistert von den schönen Zeltlagertagen. „Das war echt cool. Im nächsten Jahr will ich wieder mit zum Zeltlager der FKJA“. Er erzählt aber auch von jenen schlimmen Tagen daheim vor vier Wochen. Seine Familie hat es hart getroffen. Gott sei Dank sei niemand zu Schaden gekommen, aber alle sechs Autos in seiner Familie seien zerstört worden. Als das Wasser kam, seien alle ins Obergeschoss geflüchtet. Seine Großeltern sind derzeit in einer Notunterkunft in Euskirchen untergebracht. Er wohnt jetzt zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in einem Zimmer im Obergeschoss, da gibt’s auch ein kleines Bad. Dem jüngsten Zeltlagerkind, der  neunjährigen Amely haben die Spiele und das Lagerfeuer am besten gefallen. Und natürlich will sie im nächsten Jahr wieder dabei sein, wenn es mit den Ferien klappt. Das Energiebündel Amely ist auf der Rückfahrt im Bus „die“ Stimmungskanone, stimmt lautstark immer wieder Zeltlagerlieder an. Große Wiedersehensfreude mit Eltern, Geschwistern, Großeltern und Freunden in der Heimat. Beim Rücktransport der Ferienkinder mitgekommen, sind auch die Gemeindeleiterin der Katholischen Kirchengemeinde, Bärbel Bloching, Ehrenamtskoordinatorin Alexandra Bosch (sie hat die notwendigen Kontakte zu Bad Münstereifel hergestellt) und die gute Seele der Kinderfreizeit, Zeltlagerköchin Ulrike Reitmaier. Als Unterstützung und Hilfe für Bad Münstereifel hat Gemeindeleiterin Bärbel Bloching einen Scheck im Reisegepäck, 8500 Euro, die bei der Katholischen Kirchengemeinde in Affaltrach als Geldspenden eingegangen sind. Die Obersulmer werden von den beiden Gemeindereferentinnen der Seelsorgeeinheit Bad Münstereifel, Schwester Roswitha und Johanna-Maria empfangen. Beim Rundgang durch das mittelalterliche, von einer mächtigen Stadtmauer umgebene Städtchen wird das ganze Ausmaß der Flutkatastrophe deutlich. Vor der Stadt hat die Flut den Geleiskörper der Bahn unterspült und weggerissen. Wie Skelette hängen die Bahngleise in der Luft. Ganze Straßen hat das Wasser weggerissen. Überall liegen noch Sandsäcke. Die zahlreichen Helfer aus dem ganzen Bundesgebiet sind größtenteils wieder weg. „Jetzt ist die Stunde der Spezialisten, wie das THW“, sagt Schwester Roswitha. Der kleine Bach, die Erft, fließt jetzt wieder knöcheltief, in seinem alten Bachbett. Die alten steinernen Brücken haben dem Wasserdruck weitgehend standgehalten. Die pittoreske Altstadt ist schwer getroffen. Möbel, Waschmaschinen, Kühlschränke und anderer vom Wasser zerstörter Hausrat, ist bereits weggeräumt. Ein modriger Geruch liegt wie eine Decke über der kleinen Stadt an der Erft. Überall an den Hauswänden sind die schmutzig-braunen Linien, die „Hochwassermarken“ zu sehen. Vor der Bierkneipe „Little bit“ hat die Flut eine etwa sechs Meter langes, tonnenschweres Stück Bürgersteig wie ein kleines Stück Holz weggeschwemmt. Die Inhaberin der Eisdiele Bella Italia, Lina Honert, zeigt in der total demolierten Eisdiele, wie hoch das Wasser gestanden hat. „In einem Jahr wollen wir unser Bella Italia renoviert haben“. „Danke an alle Helfer“ ist auf einem Bettlaken auf einem Balkon zu lesen. Große Pressspanplatten verdecken das eingedrückte Fenster eines Ladengeschäftes. Auch hier „Danke an alle Helfer“ und drei rote Herzen. Und die Menschen in der Katastrophenregion? Für Gemeindereferentin Schwester Roswitha „war nach dem ersten Schock gleich eine große Solidarität unter der Bevölkerung zu spüren. Sicher spielt da auch unsere rheinische Frohnatur eine Rolle. Die Menschen blicken hoffnungsvoll in die Zukunft, packen an, bauen auf. Und oft habe ich auch schon gehört: Bei uns ist ja nur der Keller vollgelaufen, die Menschen im Ahrtal hat es viel schlimmer getroffen“. (hlö)

Die Kirchengemeinde bedankt sich nochmals von Herzen bei allen Spenderinnen und Spendern für die sagenhafte Unterstützung!

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