Von der Barackenkirche zur St. Barbara

Am 18. Juli 1970 wurde die neuerbaute Kirche St. Barbara in Neuhütten eingeweiht. Die Corona-Pandemie verhinderte im letzten Jahr eine festliche Feier. Am vergangenen Sonntag wurde dieses Jubiläum mit einem Festgottesdienst gefeiert. Gemeindeleiterin Bärbel Bloching blickt bei ihrer Begrüßung zurück auf die Anfänge katholischen Kirchenlebens rund um Neuhütten und Wüstenrot:

In den Dreißiger und Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts verfügten die Katholiken rund um Wüstenrot und Neuhütten noch über keine eigene Kirche. So feierten sie ihre Gottesdienste in evangelischen Kirchen, Gemeindesälen, Wirtschaften oder auch privaten Räumen. Trotz aller Widrigkeiten, vor allen Dingen Anfeindungen durch die Nationalsozialisten, stellte die Familie Glück in Weihenbronn ihr Haus für Religionsunterricht und auch Gottesdienste zur Verfügung. Bereits seit 1937 diente das Wohnzimmer im Hause von Marie Glück als Gottesdienstraum, Schulsaal, Gemeindezentrum und Pfarrbüro, wie der Affaltracher Ortshistoriker Martin Ritter recherchiert hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden rund 450 Katholiken rund um Wüstenrot eine neue Heimat. Der Bau einer eigenen Kirche für die Katholiken wurde immer dringender. Geplant war ursprünglich der Bau einer Kirche in  Weihenbronn, einem ehemaligen Wallfahrtsort. Doch dieses Vorhaben kam nicht zustande. 1951 wurde von der Stadt Neckarsulm eine ehemalige RAD-Baracke (Reichsarbeitsdienst) erworben und am nördlichen Ortsrand von Neuhütten (Nähe Steinknickle) als Notkapelle ausgebaut und „der seligen Jungfrau Maria, die in den Himmel aufgenommen ist“, geweiht. Magdalene Scholl, die spätere Mesnerin von St. Barbara, erinnert sich: „Wenn es auch eine zugige Baracke war, so waren wir doch froh, dass wir ein eigenes Kirchendach über dem Kopf hatten“. 1963 wendet sich die Kirchengemeinde Mainhardt an das bischöfliche Ordinariat: „In zwei bis drei Jahren wird die Barackenkirche in Neuhütten Altersschwäche bekommen“. Der Bau einer neuen Kirche wurde vorangetrieben. 1964 erwarb die Kirchengemeinde einen Bauplatz in der Bürgermeister-Strobel-Siedlung in Neuhütten. Sechs Jahre sollte es noch dauern, dann stand die neue Kirche in Fertigbauweise am heutigen Platz. Am 18. Juli 1970 wurde die Kirche von Weihbischof Sedlmaier der Heiligen Barbara geweiht, der Schutzpatronin der Bergleute und Hüttenarbeiter. In früheren Zeiten waren in dieser Gegend etliche Glasbläser ansässig und es wurde teilweise auch Bergbau betrieben (z.B. Silberstollen in Wüstenrot). (Anmerkung: Diese Daten und Erhebungen sind dem Buch: „Affaltrach – eine katholische Pfarrei von Martin Ritter entnommen). Im Zuge der Kreisgrenzenanpassung erfolgte 1991 die Umpfarreiung von der Kirchengemeinde Mainhardt zur Kirchengemeinde St. Johann Baptist Affaltrach. Der Festgottesdienst wird zelebriert von Pfarrvikar Dr. Kenneth Kurumeh und dem vor kurzem geweihten Diakon Johannes Kurschatke aus Neuhütten. Musikalische Gestaltung – Singgruppe St. Barbara und Maria Westenberger – Orgel. Beim anschließenden Stehempfang vor der Kirche erinnert man sich an vergangene Zeiten. „Wenn es auch hart und recht bescheiden war, so waren es doch auch schöne Zeiten. Man hat zusammengehalten und sich gegenseitig geholfen“, sagt Anni Benja. Sie hat noch in der Barackenkirche ihre Erstkommunion gefeiert. Kathi Bauer ist vor allen Dingen die kalte Barackenkirche in Erinnerung. „Das waren damals noch härtere Winter als heute. Der Herr Kretz musste immer den Ofen tüchtig heizen, dann ging’s einigermaßen. Aber dann haben wir 1970 unsere eigene St. Barbarakirche bekommen. Die ist für viele von uns wie eine Kathedrale wahrgenommen worden“. Für Anni Benja ist die Kirche weit mehr. „Für die Heimatvertriebenen ist die Barbarakirche und die Siedlung rund um die Kirche zur neuen Heimat geworden“. (hlö)

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